News: Wien Energie
Eine Konsolidierung der österreichischen Strombranche ist für den scheidenden Wien-Energie-Chef Michael Obentraut eine Notwendigkeit. Die Branche sei sehr zersplittert, dies könne sich in einem so kleinen Land wie Österreich in der Zukunft nicht bewähren. Wenn es in den nächsten drei Jahren nicht gelinge, "gewisse Lösungen" zu finden, werde es viele Stromunternehmen in fünf Jahren nicht mehr geben, sagte Obentraut im Gespräch mit der APA.
Sollte es zu keiner Konsolidierung kommen, sieht Obentraut, der per heute aus den Wiener Stadtwerken ausscheidet und in Pension geht, ein "wirtschaftliches Dahinvegetieren" von so manchem Stromversorger: Keine positive Entwicklung, kein Wachstum, keine Investitionen. Die Wahrscheinlichkeit steige, dass Eigentümer dann Lösungen für ein Zusammengehen mit anderen Unternehmen suchten - "je kleiner, je eher". In Europa sei ein Aufgehen in eher größeren Unternehmen der Weg der letzten zehn Jahre. Für einen nationalen Markt seien die österreichischen Strukturen geeignet gewesen, mittlerweile habe sich das Rad gedreht, und kein Unternehmen in keiner Branche könne nur mehr nationale Märkte betrachten - "warum soll die E-Wirtschaft eine Sonderrolle spielen?".
Es gehe um Kooperation und Konzentration, um so zu mehr Marktmacht zu gelangen und Synergien zu erzielen. Mit der EnergieAllianz (EVN, Wien Energie, Bewag/Begas) sei es gelungen, den Vertrieb zu bündeln. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie es aussehen würde, wenn wir noch einzeln am Markt auftreten würden."
Beim Verbund ortet Obentraut derzeit verstärktes Interesse an "Lösungen". Man sehe die Zersplitterung der Branche und auch wie viel Geld durch entgangene Synergien einer Kooperation liegen gelassen werde. Mögliche eigentumsrechtliche Verflechtungen müssten aber nicht ganze Unternehmen betreffen, man müsse sich auch anschauen, welche Teile sich für eine eigentumsrechtliche Verschränkung eigneten. Entscheidend mitzureden hätten jedenfalls die politischen Eigentümervertreter. Die Wien Energie hält mehr als 12,5 Prozent am Verbund, der Aktienkauf sei eine richtige Entscheidung gewesen und auch "eine fantastische Finanzanlage".
In einem Einstieg bei der Energie AG Oberösterreich (EAG) im Zuge des geplanten Börsegangs des oberösterreichischen Landesversorgers sehe er dagegen keinen strategischen Sinn, man spiele in der gleichen Liga, und auch für Finanzanlagen "gibt es andere Wege". Allerdings finde er es noch immer schade, dass die Oberösterreicher im Jahr 2006 aus der EnergieAllianz ausgeschieden sind.
Einen Börsegang der Wien Energie - mit einem Umsatz von fast 2 Mrd. Euro Österreichs größter Landesenergieversorger - würde er nicht empfehlen, denn bei börsenotierten Unternehmen gebe es generell die Gefahr einer feindlichen Übernahme. Er bevorzuge Verhandlungen mit Partnern. Eine Kombination von Wasserkraftwerken des Verbund mit den thermischen Kraftwerken der EnergieAllianz beispielsweise mache sowohl für die Versorgungssicherheit Österreichs als auch für die wirtschaftliche Optimierung viel Sinn.
Beim Strompreis sieht Obentraut mittelfristig in den nächsten drei bis fünf Jahren eine steigende Tendenz, unter anderem wegen knapperer Erzeugungskapazitäten und steigendem Verbrauch, höheren Primärenergiepreisen, den steigenden Umweltkosten. Für zumindest die nächsten zehn Jahre sehe er keine Komponente die nach unten zeige. Bei der Wien Energie selbst seien kurzfristig in den nächsten Monaten keine Erhöhungen geplant, beim Gas könnte es zu einer Entlastung kommen. Energie sei auch von Spekulanten entdeckt worden, und auch hier sei Größe vor Vorteil: Mit viel Geld könne man mit einem gewissen Risiko mitspielen und große Unternehmen könnten Verluste leichter wegstecken als kleine.
Der 62-jährige Obentraut zieht sich mit heutigem Tag aus dem Konzern der Wiener Stadtwerke, wo er seit 1973 tätig war, in die Pension zurück. Zuletzt bekleidete er die Positionen als stellvertretender Generaldirektor und Chef der Wien Energie. In seine Ära als Finanzchef der Wiener Stadtwerke fiel die Schaffung der Wien Energie GmbH, in der alle Energieaktivitäten der Wiener Stadtwerke seit Anfang 2002 zusammengefasst sind: "Ich habe mit einem Firmenbuchauszug alleine begonnen", nun sei ein Energiekonzern entstanden, "der mitspielen kann", so Obentraut zu einem der Höhepunkte seiner Berufslaufbahn. "Bedauerlich" findet er, dass es nach fünf Jahren Verhandlungen der EnergieAllianz mit dem Verbund nach wie vor zu keiner Lösung gekommen ist.
Zu seinen Zukunftsplänen meinte der begeisterte Tennisspieler und Surfer nur: "Ich bin kein Typ, der alles plant. Ich gehe durch eine Doppeltür - die eine Hälfte mache ich zu und die andere Hälfte mache ich auf." Er werde nach wie vor Mitglied in einigen Aufsichtsräten sein und auch ein bisschen mehr auf sein persönliches Wohlbefinden achten. Auf dem Programm steht auch eine Reise in die Antarktis. Ein "Testament" an seinen Nachfolger - für die Position des Energie-Vorstands der Wiener Stadtwerke läuft derzeit gerade die Ausschreibung - will Obentraut nicht hinterlassen: Denn diese "landen zu 90 Prozent am nächsten Tag im Papierkorb", wie er aus eigener Erfahrung nach 33 Jahren in der Generaldirektion der Wiener Stadtwerke weiß.
Wien Energie GmbH, Pressesprecher, Mag. Robert Grüneis, Tel.: 01/53123-73905, Fax: DW 73908, Mail: Robert.Grueneis@wienenergie.at

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